Wie Rechtsalternative Hass verbreiten und was Zivilgesellschaft und Wissenschaft dagegen tun können
Zum Jahrestreffen kamen am 8. November 2024 in Berlin Vertreter*innen des Wissenschaftlichen Beirats und des Zivilgesellschaftlichen Forums zusammen. Gemeinsam mit dem Team blickten sie auf drei Jahre intensive Arbeit in der BAG »Gegen Hass im Netz« zurück und entwickelten Ideen für die Zukunft, während die politische Weltlage eines verdeutlichte: Die Themen Hass im Netz, Desinformation und Extremismus sind relevanter denn je.
Jahresrückblick
Die Forschenden gaben einen Überblick über die Publikationen dieses Jahres, die durch Kooperationen und die Begleitung des Wissenschaftlichen Beirats bereichert wurden: Zu visueller politischer Kommunikation in Memes arbeitete Dr. Lisa Bogerts mit den Forschenden für den Trendreport zusammen und Diana Rieger war Beraterin vom Dienst. Die Kollaboration mit dem belgischen Technologie-Unternehmen Textgain zu »Tracing Online Misogyny« wurde durch die Expertise von Karolin Schwarz und Sylvia Jaki begleitet. Jan Fuhse beriet die Trendreport-Ausgabe zu plattformübergreifendem Community Building rechtsalternativer Akteure und für die neueste Ausgabe von Machine Against the Rage mit KI-Fokus stand Amélie Hennemann-Heldt beratend zur Seite.
Neben der transnationalen Zusammenarbeit mit Textgain konnte die BAG »Gegen Hass im Netz« in diesem Jahr mit weiteren Partnerschaften Synergien erzeugen. Von der aktuellen Publikation mit der Otto-Brenner-Stiftung über das Forschungsnetzwerk VOX-Pol und den Forschungsverbund MOTRA-K bis hin zu GNET als Plattform mit Sichtbarkeit für ein internationales Fachpublikum.
Zu den diesjährigen Highlights zählen auch die in der Wissenschaftslandschaft noch rar gesäten Use Cases: Anwendungsfälle wissenschaftlicher Expertisen und Monitoringdaten in der zivilgesellschaftlichen Praxis.
2024 haben wir unsere Expertise bei den Narrativ-Check-Publikationen des Zentrums Liberale Moderne eingebracht, das Violence Prevention Network mit einem Themenmodell bei der Datenerhebung zu Influencerinnen in islamistischen Milieus unterstützt und Team Kompass konnte unser Telegram-know-how für ihren Einsatz gegen Hate Raids auf Twitch nutzen. Gemeinsam mit der NGO Antifinancial Crime haben wir Bankverbindungen aus rechtsalternativen Telegram-Kanälen verfolgen, eine Übersicht erstellen und einen Appell an Banken richten können, Geschäftsbeziehungen mit rechtsextremen Akteuren aktiv zu prüfen. Neben Team Kompass durften wir auch elly hatespeech und correctiv.org als neue Partner*innen im zivilgesellschaftlichen Forum begrüßen. Das Forum kam zu zwei digitalen Stammtischen zusammen.
Einzelsitzungen
Während der Wissenschaftliche Beirat die Arbeit der Forschungsstelle besprach und reflektierte, ging es in der Sitzung des zivilgesellschaftlichen Forums um bundesweite Vernetzung, gegenseitige Unterstützung bei knappen Ressourcen und darum, wie die Orientierung innerhalb der zivilgesellschaftlichen Angebote verbessert werden kann. Außerdem wurde diskutiert, wie die Zusammenarbeit in Zukunft vereinfacht und vertieft werden kann und welche Formate und Methoden es dafür braucht.
Wie alles begann
Die BAG »Gegen Hass im Netz« startete als Projekt von Das NETTZ nach einer Aufbauphase in 2021, 2022 mit dem Launch beim NETTZ Community Event und im Herbst 2022 mit dem Pilotreport zu Mobilisierung, Krise und Wut. Zunehmend haben die Forschenden in den Trendreports qualitative und quantitative Methoden kombiniert, KI nicht nur interpretiert, sondern auch methodisch genutzt und Agilität im Umgang mit neuen Themen bewiesen. Viele Tropen und Themen, wie etwa die Querfront, haben die Zeit überdauert. Der Streit um rechtsextreme Raumgewinne und deren intentionale wie unbeabsichtigte Verstärkungen hält an.
Mit der Ausgabe zu Memes gewannen die Ergebnisse immer mehr Sichtbarkeit in der deutschen Medienlandschaft, etwa mit einem ausführlichen Interview im Deutschlandfunk und einem Bericht der Süddeutschen Zeitung. Die Ergebnisse zu rechtsalternativen Netzwerken zwischen Telegram und YouTube wurden unter anderem vom SPIEGEL gefeatured. Auf verschiedenen Fachkonferenzen konnte sich das Team national wie international positionieren, etwa beim Nordic Political Science Congress, einer Podiumsdiskussion zu LGBTIQ+-Hatespeech in Kanada und auf dem Deutschen Präventionstag.
Who will save us from the future
Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen hinsichtlich der Förderung endet die erfolgreiche Arbeit der BAG »Gegen Hass im Netz« unter der Trägerschaft von Das NETTZ Ende 2024. Da sich viele Elemente als gewinnbringend erwiesen haben, soll das Wissen und die Strukturen zu diesem Anlass weitergedacht und in verschiedenen Rahmen fortgeführt werden.
Vorbehaltlich der Finanzierung können die Forschungsstelle und der Wissenschaftliche Beirat ihre Arbeit wahrscheinlich unter veränderter Trägerschaft 2025 weiterführen. Das Zivilgesellschaftliche Forum soll von Das NETTZ in den nächsten Jahren als Infrastruktur für Wissenstransfer und gegenseitige Unterstützung weiterentwickelt werden. Die Anwendung wissenschaftlicher Daten in der Praxis wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen.
Wir danken dem BMFSFJ, der Robert-Bosch-Stiftung, der Otto-Brenner-Stiftung und dem Weizenbaum-Institut für die bisherige Förderung und Unterstützung dieses einmaligen Projektes, in dem wir drei Jahre lang Ideen im großen Stil verwirklichen konnten. Um solche Projekte auch in Zukunft umsetzen zu können, sind wir immer auf Förderer angewiesen, die uns unterstützen. Wenn Sie dazu beitragen möchten, gelangen Sie hier zu unserer Spendenseite.