Neue Studie: Wie Frauen im Internet systematisch angegriffen werden
Unsere Studie untersucht Narrative und Framings misogyner Praxis im digitalen Raum und richtet einen länderspezifischen Blick auf die Manosphere – von Fringe-Plattformen bis in den Mainstream hinein. Die Ergebnisse stehen in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung.
»Wenn Frauen an Online-Diskursen teilnehmen, müssen sie Belästigungen befürchten, weshalb viele vermeiden, sich öffentlich zu äußern. Dieser besorgniserregende Status quo macht die Stimmen vieler Frauen unsichtbar und überlässt denjenigen den virtuellen Raum, die sich frauenfeindlicher Rhetorik bedienen. Diese Entwicklung muss vor dem Hintergrund einer allgemeinen antifeministischen Gegenbewegung in westlichen Gesellschaften verstanden werden.«
Eine kollaborative Studie über Inhalte und Verbreitung
Für die qualitativ und quantitativ angelegte Studie arbeitete die Bundesarbeitsgemeinschaft »Gegen Hass im Netz« über vier Monate mit dem belgischen Technologie-Unternehmen Textgain sowie den Expertinnen Karolin Schwarz und Dr. Sylvia Jaki (Universität Hildesheim) zusammen. Sie baut auf der Arbeit des European Observatory of Online Hate auf. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf dem deutschsprachigen digitalen Raum und wird im quantitativen Teil der Untersuchung mit den französischen, britischen, slowakischen und niederländischen Sprachräumen verglichen. Auf Grundlage computerisierter Methoden werden Aussagen zum Grad der Verbreitung von Misogynie in Online-Kontexten getroffen. Schwerpunkte der qualitativen Analyse bilden die Incel-Subkultur sowie Männlichkeits-Influencer aus der Pick-Up-Artist-Szene.
Frauenfeindlichkeit über Sprachgrenzen hinweg
Die Studie zeigt: Misogynie ist im Internet weit verbreitet. Mit enthemmter, abwertender Sprache werden Frauen gezielt bedroht und verängstigt. In den vergangenen Jahren ist sie sichtbarer geworden. Hierzu tragen u.a. die große Reichweite misogyner Influencer wie Andrew Tate sowie Coaching-Formate für junge Männer bei. Die Studienautorin Corinna Dolezalek hierzu: »Wir beobachten die Ausbreitung von Netzwerken und Subkulturen, die eine übergriffige, herabwertende Behandlung von Frauen gezielt fördern und nicht nur Materialien bereitstellen oder gemeinsame Aktionen planen, sondern auch zur Ausbeutung von Frauen sowie Gewaltfantasien anregen.« Diese Beobachtungen lassen sich auch quantitativ nachweisen. Pierre Voué, Studienautor, stellt fest: »Im deutschsprachigen Raum ist der Grad an Frauenfeindlichkeit ähnlich hoch wie in anderen Sprachen. Allerdings sind gewaltsame Aussagen weniger häufig im digitalen Mainstream vorzufinden.«
NETTZ.Gespräch zur Studie
Zur Publikation am 6. März haben wir online mit Melanie Haas (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), Corinna Dolezalek, Karolin Schwarz, Pierre Voué und einem breiten Publikum über die Ergebnisse der Studie gesprochen.
Auch auf Fragen aus dem Publikum wurde eingegangen. Besonderes Interesse galt den Methoden, der Wahl der untersuchten Plattform sowie der Kommerzialisierung misogyner Inhalte. Die Expert*innen verdeutlichten, dass der entschiedene Fokus auf TikTok mit seinem jungen Publikum einen lediglichen Beginn darstelle und auch YouTube und Instagram wichtige Plattformen seien. Ferner bestätigten sie, dass die Inhalte durchweg kommerziell genutzt werden.